Teil I
CCnetwork: Wer beschäftigt sich in Russland mit dem Thema Klimakrise?
Angelina Davydova (AD): Auf politischer Ebene ist das Thema Klimawandel seit etwa 2019 von großer Bedeutung, als die EU mit dem Green Deal auch einen Mechanismus zur Anpassung der Kohlenstoffgrenzwerte beschloss. Das bedeutete, dass alle Exporte aus Nicht-EU-Ländern mit einem zusätzlichen Preisaufschlag belegt werden, wenn sie in Ländern produziert werden, die keinen Preis für Kohlenstoff haben. Für Russlands wirtschaftliche und politische Eliten war dies ein sehr lauter Weckruf, der bis zum Beginn des Krieges in der Ukraine im Jahr 2022 von großer Bedeutung war, jetzt aber aufgrund von Sanktionen und weiteren Handelsbeschränkungen an Bedeutung verloren hat.
Ein weiterer Faktor ist das politische Bewusstsein, dass Klima ein global wichtiges politisches Thema ist, und das bleibt auch während des Krieges relevant. Und dann gibt es natürlich auch noch die wissenschaftliche Gemeinschaft, Umwelt- und Klimaaktivisten und einige Umwelt-NGOs, die sich mit diesen Themen beschäftigen, selbst unter den sich ständig verschlechternden politischen Bedingungen und dem Druck auf die Zivilgesellschaft und Aktivisten.
CCnetwork: Wie wird die Lage im eigenen Land gesehen?
AD:Ich würde sagen sie können es ja kaum noch übersehen: Die negativen Folgen des Klimawandels in verschiedenen Formen, von der Erwärmung der Arktis und dem Schmelzen des Permafrostes bis hin zu verschiedenen anderen negativen meteorologischen Veränderungen, Wetterereignisse wie Dürren in einigen Regionen, Überschwemmungen in anderen Teilen des Landes, starke Winde. Und all diese Faktoren zusammengenommen - die Exportwirtschaft, globale Strategien, Klimwandel im Lande selbst - haben auch das öffentliche Interesse an dem Thema geweckt. Das war alles in 2018-2022.
CCnetwork: Gibt es eine intensive Medienberichterstattung oder Debatten in Russland?
AD: Auch in diesen Jahren war das Thema Klimakrise immer wichtiger geworden, also haben auch die Medien das befördert. Aber seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine haben leider viele Journalisten das Land verlassen, auch viele Klima- und Umweltexperten, auch der politische Druck aufunabhängige Expert:innen und Aktivist:innen wächst, gleichzeitig wächst aber auch die kritische Berichterstattung. Insgesamt sieht es so aus, als ob das Thema nicht ganz verschwunden ist. Aber es spielt im öffentlichen Diskurs und im Mediendiskurs eine viel geringere Rolle als früher.
CCnetwork: Welche Rolle spielen die sozialen Medien?
AD: In Russland sind die sozialen Medien traditionell sehr wichtig. Und bis vor kurzem, bis zum Beginn des Krieges gegen die Ukraine, waren sie ziemlich unreguliert. Jetzt ist die Situation völlig anders, aber früher haben sie eine viel größere Rolle gespielt als in Deutschland, weil die traditionelle Medienlandschaft nie so stark war wie in Deutschland. Viele Medien haben ihr Material online beworben und das Publikum über soziale Medien erreicht. Und deshalb waren und bleiben die sozialen Medien sehr wichtig für die Verbreitung von Informationen.
CCnetwork: Wurde in Russland über die COP28 berichtet?
AD: Ja auch, ich war ja dort und habe selbst eine Reihe von Artikeln auf Russisch veröffentlicht, zum Beispiel im ↗Kommersant weil ich dachte, dass es ein wichtiges Thema ist und dass ich etwas in russischer Sprache schreiben muss. Abgesehen davon haben die meisten staatlichen Nachrichtenagenturen nur die offizielle russische Sichtweise wiedergegeben, z.B. was russische Beamte sagten oder was sie über den Besuch in Dubai und ihre dortigen Aktivitäten berichteten. Aber sie gaben nur eine Sichtweise wieder, während einige soziale Medien und Blogs auch Meinungen von Umweltexperten oder Umweltaktivisten präsentierten, zum Beispiel die Exilmedien, die auch analytische Artikel brachten.
CCnetwork: Wann waren Sie zum ersten Mal bei einer UN-Klimakonferenz?
AD: Zum ersten Mal dabei war ich bei der COP14 in 2008 in Poznan in Polen. Damals hatte ich mich gerade intensiv zum Klimathema fortgebildet und theoretisch gelernt, wie Klimaverhandlungen funktionieren. Auf der COP14 konnte ich es dann mit eigenen Augen sehen.
CCnetwork: Was ist nach Ihrer Erfahrung der Hauptzweck einer COP?
AD: Es geht hauptsächlich um politische Erklärungen und Geld, also Klimafinanzierung. Mit politischen Erklärungen meine ich in aller Kürze, dass Länder ihre neuen Klimaziele ankündigen, etwa dass sie Netto-Null erreichen wollen oder andere verschiedene Klimaerklärungen. Es gibt zahlreiche Deklarationen, die auf jeder COP unterzeichnet werden und sehr oft frage ich mich: Warum ist das relevant? Die meisten dieser Erklärungen sind ja nicht rechtsverbindlich und sie klingen sehr, sehr allgemein. Aber oft ist es so, dass die Dinge zunächst allgemein in einem zugrunde liegenden Dokument stehen, so funktioniert internationale Politik, auch die Politik einzelner Nationen: Zuerst braucht man ein sehr allgemeines Dokument, darauf aufbauend muss man dann ehrgeizigere, rechtlich verbindlichere Dokumente oder was auch immer erstellen. Die COP-Ebene ist also sehr allgemein gehalten.
CCnetwork: Gibt es dann immer wichtige verbindliche Erklärungen?
AD: Auf der COP28 haben zwar mehr als 130 Länder mitgeteilt, dass sie ihre Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen bis 2030 verdreifachen und in die Energieeffizienz investieren werden, aber verbindlich ist das nicht. Und wie gesagt, spielt auch das Thema der Klimafinanzierung auf den COPs eine sehr wichtige Rolle. Hier geht es auch um die Reform der internationalen Finanzinstitionen, der Art und Weise wie die Weltbank, oder andere internationale oder multilaterale Finanzinstitutionen, Entwicklungsbanken, usw Geld vergeben, oder um die Einzahlung in verschiedene Klimafonds, in den Grünen Klimafonds, den Anpassungsfonds oder den Fonds für Schäden und Verluste. Viel dreht sich um die Frage, was wird als Klimafinanzierung berechnet, nur offentliches Geld, Spendengelder, Geld von Multilateralen Entwicklungsbanken, oder auch privates Geld, Darlehen, Krediten, Investitionen.
CCnetwork: Was sind die wichtigsten Ergebnisse der COP als Institution?
AD: Ich würde sagen das Kyoto-Protokoll und das Pariser Abkommen. Das ist schon eine ziemliche Leistung. Ausserdem die Tatsache, dass versucht wird, Kanäle für den Geldtransfer von den Ländern des globalen Nordens zu den Ländern des globalen Südens zu schaffen. Diese Kanäle sind zumindest jetzt da, obwohl klar ist, dass das Geld nicht ausreicht. Es geht vor allem darum, eine politische und finanzielle Infrastruktur zu schaffen und dann zu versuchen, Länder, Unternehmen und alle anderen zu motivieren, mehr zu tun.
CCnetwork: Was hat Sie enttäuscht bei den COPs?
AD: Wenn sie wirklich tief im Prozess waren, ist man oft enttäuscht darüber, wie langsam die Dinge sind. Außerdem streiten sich die Länder noch in der letzten Nacht, in der die endgültige COP-Entscheidung verabschiedet wird, über Formulierungen wie Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, Abbau fossiler Brennstoffe, Umstieg von fossilen Brennstoffen auf andere Brennstoffe. Und irgendwie ist es traurig, dass das immer noch passiert. Es ist traurig, dass so viel Mühe, Zeit, Energie und Geld in einen sehr langsamen Prozess investiert wurde, der von außen manchmal als ein extrem bürokratischer Prozess erscheint.
CCnetwork: Könnten Sie eine grobe Tendenz der Entwicklung angeben?
AD: Ich denke vor allem ist dies die Schaffung von Infrastrukturen, die Schaffung von etwas wie dem Pariser Abkommen oder wichtigen Klimafonds und auch die Motivierung von Ländern, Firmen, Städten, Communities, allen von uns, etwas zu tun. Eigentlich passiert schon etwas und ich würde sagen, dass wir jetzt ein viel höheres Niveau an Klimamaßnahmen erreicht haben als noch 2008.
CCnetwork: Was ist davon zu halten, dass in Dubai ein Ölförderland Gastgeber der COP wurde?
AD: Ich betrachte das als Folge einer inneren Logik, weil es bei den UN eine Rotation der Regionen gibt. Letztes Jahr mit Ägypten war Afrika die Region, dieses Jahr waren es die Arabischen Staaten, und Dubai hat gesagt wir machen das. Die Wahl für das nächste Jahr brachte eine Menge Konflikte, denn zuerst wollte Bulgarien die Konferenz durchführen, weil nächstes Jahr Osteuropa an der Reihe ist, aber Russland hat blockiert und ausgeschlossen, dass ein Land der Europäischen Union es machen kann, weil das nicht neutral sein würde. Dann standen Armenien und Aserbaidschan zur Wahl und haben sich monatelang gegenseitig blockiert, bis dann Aserbeidschan die COP29 zugesprochen wurde.
CCnetwork: Ja, und damit wieder einem Ölförderland. Mischt hier langsam ein Petro-Block die COP auf?
AD: Ich schätze, von außen betrachtet sieht das schon verdächtig aus. Wie kann ein großes ölproduzierendes Land eine COP ausrichten? Und direkt danach ein zweites? Für mich ist es erst einmal ein Teil des internen Prozesses der COP, die Rotation der Regionen soll ja allen Ländern und Regionen gegenüber unparteiisch sein und allen eine Stimme geben. Ich sehe das also nicht unbedingt als eine Petro-Blockbildung. Diese Länder sind ja nicht alle in denselben Verhandlungsblöcken. Ich sehe eher ein Eigeninteresse der Länder - eine COP auszurichten ist eine große Chance, für sich selbst als Land zu werben: Seht her, wir tun etwas auf dem Gebiet des Klimawandels. Und das war in Dubai ganz deutlich sichtbar, auch andere Länder nutzen das für sich. Saudi-Arabien, wiederum ein großes Öl produzierendes Land, eines der größten der Welt, machte viel grüne Werbung - hier, wir investieren in Wasserstoff, wir investieren in Solarenergie. Und auch Aserbaidschan hat viel Eigenwerbung betrieben. Ich spreche hier, ohne irgendwelche Bewertungen abzugeben oder zu sagen, ob das gut oder schlecht ist.
CCnetwork: Was war Russlands Interesse auf der COP28?
AD: Russland war überraschenderweise sehr aktiv auf der COP28, letztes Jahr kurz nach dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine war Russland sehr ruhig. Dieses Jahr waren sie zurück, würde ich sagen. Sie hatten eine Menge Veranstaltungen mit einem Länderpavillon und einen extra Pavillon des Pleistozän-Parks, das ist ein wissenschaftliches Experiment, das im Norden Jakutiens läuft.
CCnetwork: Wir kommen darauf zurück. Aber was war die russische Strategie auf dieser COP28?
AD: Insgesamt war Russlands Taktik vielleicht so: Seht her, wir sind ein wichtiges Land, wir sind ein sehr großes Land, und ohne Russland könnt ihr keine globalen Klimaschutzmaßnahmen durchführen. Auch wenn Russland jetzt unter Sanktionen steht, müsst ihr unsere Stimme in Bezug auf das Klima anhören. Strategisch haben sie versucht, eine Allianz mit vielen Ländern des globalen Südens aufzubauen. Das Argument ist ungefähr so: Was der Westen, was der globale Norden bisher gezeigt hat, das ist seine eigene grüne Agenda, eine Klima-Agenda des Nordens. Wir dagegen müssen jetzt unsere eigene Zusammenarbeit ausbauen, mehr Klimakooperation zwischen den Ländern des globalen Südens und daran arbeiten wir. Russland fördert traditionell auch viel Kernenergie und Kernenergietechnologien, das war ein weiterer Punkt.
CCnetwork: Welche russischen Akteure haben sich bemerkbar gemacht?
AD: Es waren sehr viele russische Unternehmen auf der COP vertreten, zum Beispiel aus dem metallurgischen Sektor oder aus dem Bereich der Düngemittel, die noch international arbeiten und zeigen wollen, dass Klima für sie wichtig ist - Emissionsreduzierung, die Wiederherstellung von Ökosystemen, Klima Aktion gemeinsam mit ihren internationalen Partnern. Auch wenn sie jetzt aufgrund der Sanktionen nicht direkt mit westlichen Unternehmen zusammenarbeiten können, wollen sie mit Unternehmen aus anderen Ländern kooperieren, z.B. mit den BRIC-Ländern und einer erweiterten Version der BRIC-Länder, die BRIC-Länder werden ja bekannterweise mehr, auch die Länder des globalen Südens wurden angesprochen. Es gab also eine Menge Geschäftsinteressen, die russische Unternehmen zu den Verhandlungen geführt haben.
CCnetwork: Es heißt Russland habe auch blockiert?
AD: Russland hat nichts Bestimmtes oder Wichtiges blockiert. Jeder hatte die Befürchtung, dass Russland etwas blockieren würde aber eigentlich waren sie bei den Verhandlungen selbst zurückhaltend. Russland gehörte allerdings zu der Gruppe von Ländern, die sehr ehrgeizige Formulierungen wie den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen nicht unterstützten, aber es hat sich nicht sehr aggressiv dagegen ausgesprochen. Es war eher leise und das Einzige, was blockiert wurde, war die Bewerbung Bulgariens für die COP29.
CCnetwork: Während der COP28 wurde bei uns viel darüber diskutiert, dass der Gastgeber Sultan Ahmed Al-Sabah die Gelegenheit auch für Ölgeschäfte nutzen wollte. Was hat sich da konkret getan?
AD: Es wurde viel darüber berichtet, zuerst vom Centre for Climate Reporting, einer investigativen Journalistengruppe, und von der BBC und dann vielen anderen Medien, denn er ist ja nicht nur der Präsident der COP28, sondern auch der führende CEO einer der größten Ölgesellschaften der Welt. In gewisser Weise war das also zu erwarten und als sie wirklich Beweise dafür fanden und es zur Sprache kam, wurde es überall auf der COP diskutiert. Ich glaube, dass sogar der UN-Generalsekretär auf seiner Pressekonferenz über die COP diese Frage gestellt bekam, aber er hat sie nicht direkt beantwortet. Er sagte sinngemäß: „Ja, das ist wahrscheinlich keine gute Sache.” Es war also einerseits traurig, es war aber zu erwarten, und es ist gut, dass es ins Rampenlicht kam: Ölinteressen und fossile Brennstoffe sind heutzutage sehr stark mit der Klimaagenda verwoben, auf die eine oder andere Weise.
CCnetwork: Vor nicht allzulanger Zeit haben die Ölindustrie und ihre Lobby noch sehr viel Geld in die Leugnung des Klimawandels investiert. Was hat sich geändert?
AD: Heute ist das viel komplizierter. Zunächst einmal behaupten die meisten Energieunternehmen jetzt, dass sie alle klimafreundlich sind - wir werden alle Netto-Null bis 20irgendwas sein, oder 2040, wir tun eine Menge für das Klima, wir investieren in Solarenergie. Und das macht es für Journalisten bei ihren Recherchen schwierig, abzuwägen und einzuschätzen, was ganz konkret die Auswirkungen dieser Konzerne und Firmen im Klimageschehen sind. Dubai hat klar zeigt, dass die zwei Agenden fossile Brennstoffe und Klima Hand in Hand gehen. Sie laufen auf verschiedenen Ebenen parallel zueinander, von der COP-Ebene bis zur Ebene der Länder, von der internationalen Politik und dem Handel bis zur nationalen Politik und der Industrie.
CCnetwork: Eine Zahl erscheint wiederholt in den Medien, 2456 Lobbyisten der Petroindustrie waren auf der COP28. Wie agieren diese Lobbyisten? Vernetzen sie nur Geschäftsleute oder was ist das Geschäft der Lobbyisten? In Bezug auf die Medien, zum Beispiel.
AD: Das ist bei jeder Lobby ziemlich kompliziert und läuft auf ganz verschiedenen Ebenen. Auf der einen Seite kann es sein, dass bestimmte Unternehmen bestimmte Forschungen finanzieren und dann werden die Ergebnisse dieser Forschung auf der COP vorgestellt, das ist also die eine Ebene. Und auf einer anderen Ebene organisieren sie eine eigene Pressekonferenz, arbeiten mit Journalisten zusammen und halten Präsentationen ab. Sie versuchen natürlich auch, die Politiker zu beeinflussen, viele Lobbyisten arbeiten über Industrieverbände und haben auf verschiedenen Ebenen ihre eigenen Kontakte zu Politikern. Das geschieht durch die Arbeit mit den Medien, durch bezahlte Recherchen, durch Verbände. Ich denke, das ist die übliche Art und Weise, wie Lobbyarbeit für die Unternehmen funktioniert.
CCnetwork: Wie würden Sie die rhetorische Arbeit der Öl-Lobby auf der COP28 beschreiben?
AD: Ein interessantes Beispiel ist das Abschlussdokument, das Ergebnisdokument der COP28. Es ist nur einige Seiten lang und besagt ungefähr: Wir haben uns in Dubai in diesem Jahr bis zum heutigen Tag getroffen und uns im Grunde genommen geeinigt. Und es hält fest, das ist das Gute in diesem Jahr, dass fossile Brennstoffe ein Hauptgrund für den Klimawandel sind. Und es wird auch erwähnt, dass eine Abkehr von fossilen Brennstoffen notwendig ist, was ebenfalls eine sehr wichtige Formulierung ist. Aber schon seit Jahren wird darüber diskutiert, ob wir von „phasing out“ sprechen sollten, was so viel bedeutet wie „vollständig abschaffen“, oder von „phasing down“, was so viel bedeutet wie „abnehmen“. Und jetzt hat man sich auf einen ganz anderen Begriff geeinigt, „Transitioning away from“, das heißt allmählicher Ausstieg. Und jetzt werden alle möglichen Lösungen genannt, die angewendet werden können. Wenn man aber all diese Lösungen gebündelt sieht, dann ist man weit weniger optimistisch als bei der Formulierung über fossile Brennstoffe als Ursache von Treibhauseffekt und Erderwärmung, weil sie einfach alles einschließen - inklusive Kernkraft, Erdgas, Kohlenstoffabscheidung und -speicherung. Und so sehen Sie das Ergebnis der Lobbyarbeit Schwarz auf Weiß in diesem Abschlussdokument.
CCnetwork: Wie können manipulative Begriffe verbindliche Lösungen behindern?
AD: Die Sprache ist entscheidend, die meisten UN-Dokumente erscheinen zuerst in englischer Sprache. Das ist also die Basis und dann wird in alle anderen Sprachen übersetzt. Wir müssen also immer aufpassen, was mit dem englischen Wortlaut geschieht, dieses phasing down, phasing out zum Beispiel, das soll einfach gut klingen, ohne viel für die eigentlichen Ziele zu bedeuten. Ich denke, das ist eines der Ziele des Lobbyismus hier - Worte zu finden, mit denen die Welt zufrieden ist. Oder Bündelungen herbeiführen, die ganz groß aussehen, in der COP-Entscheidung gibt es ein ganzes Menü von Klimalösungen, aber da gehören eben alle möglichen zweifelhaften Regierungsinitiativen oder umstrittenen Klimalösungen dazu.
CCnetwork: Welche Rolle spielt das Wort Energiewende auf der COP28?
AD: Das ist eigentlich immer ein sehr großes Thema, wenn über die Frage gesprochen wird, wie wir unsere Emissionen verringern können. Der Weg dahin ist Energieeffizienz und Ressourceneffizienz, weniger Einsatz von fossilen Brennstoffen und mehr Entwicklung von erneuerbaren Energien. Das sind also die bekannten Wege, weniger Verbrauch, bessere Wirtschaftlichkeit, effizientes Ressourcenmanagement, eine Energieart durch eine andere ersetzen. Das spielt alles eine sehr große Rolle und auf jeder COP gibt es in der Regel viele Erklärungen und neue Ankündigungen dazu, z. B. zu Investitionen in erneuerbare Energien. Auf der COP28 war das die Erklärung von etwa 130 Ländern, dass die Produktion erneuerbarer Energien bis 2030 verdreifacht werden soll.
↗taz-Artikel von AD am 16.09.2023